Coaching - die Familie im Blick
- Katrin Büsscher
- 10. Feb.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Feb.
Als wesentlichen Bestandteil unseres Coaching-Ansatzes nutzen wir die Betrachtung der Familie, damit unsere Coachees einen Zugang zu ihrer Herkunft, Prägung, ihren Glaubenssätzen und damit zur eigenen Geschichte bekommen können.
Die eigene Familie kann Ressource oder Belastung sein, ein Sehnsuchtsort oder ein Fluchtwunsch.
In diesem Text möchte ich auf den Aspekt des Coachings eingehen, der die Familie auf Wunsch des Coachees ganz konkret ins Auge fasst.
Manchmal geschieht diese Auseinandersetzung erst auf den zweiten Blick. Hinter einer beruflichen Fragestellung zeigt sich eine andere Ebene, auf der die Familie in den Fokus rutscht. Daraus kann sich für den Coachee ein anderes Anliegen ergeben. Ein Anliegen, dass die Familie in den Mittelpunkt rückt.
Ich beschreibe Beobachtungen und Erfahrungen, die ich in der Arbeit mit Familien sammeln durfte. Ich möchte die Komplexität von Familienkonstellationen in unserer Gesellschaft etwas greifbarer machen.
Die Welt ist kompliziert geworden. Etablierte Rollenbilder verändern sich, familiäre und berufliche Strukturen passen sich nicht schnell genug an und gesellschaftliche Ansprüche prasseln rasant auf uns nieder.
Wir möchten ein individueller, freier, kreativer und zukunftsgewandter Mensch sein; gleichzeitig eine verlässliche, bodenständige und liebevolle Elternrolle einnehmen.
Die Paarbeziehung sollte unter all den Ansprüchen wachsen und gedeihen -
stets voller Witz und Charme.
Die Kinder sollen sich zu erfolgreichen und selbständigen Menschen entwickeln.
Währenddessen wünschen wir uns ein sinngebendes Berufsleben und tolle, tiefe Freundschaften.
Zu guter Letzt möchten wir unsere eigenen Eltern, die alt und zuweilen auch hilfsbedürftig werden, angemessen unterstützen.
Der Gipfel dieses Anspruchs an uns selbst und unsere Familie wäre dann noch Hobbies zu pflegen, politisch interessiert, kulturell gebildet und gesellschaftlich engagiert zu sein.
Dies ist eine Auswahl von Selbstverwirklichungsplänen, die wir, so oder so ähnlich, schmieden.
Was bedeutet das nun konkret in Bezug auf die Familie?
Wir finden die eigene Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in der Familie versammelt. Inklusive aller Wünsche, Sehnsüchte, Erinnerungen, Sorgen, Ängste und Prägungen.
Die Familie kann ein Raum für gegenseitigen Respekt, Liebe, Vertrauen, Verbundenheit und Unterstützung sein. Im besten Sinne können Wachstum und Autonomie ihre Wirkung entfalten.
Es kann aber auch ganz anders sein.
Das Familienleben birgt mitunter Verdruß oder Zweifel. Menschen fühlen sich unter großem Druck stehend, nicht wahrgenommen oder es fällt ihnen schwer, sich von einer bestimmten Familiendynamik abzugrenzen. Es kann die gedankliche Flucht aus einer Beziehung sein oder eine stetige Sorge, die Familienmitglieder voneinander wegtreibt.
Es kommt zu Trennungen und neuen Verbindungen, Familien setzen sich hoffnunngsvoll neu zusammen, häufig mit schmerzhaften Erfahrungen oder Enttäuschungen im Gepäck.
Es gibt Menschen, die sich mehr Zeit und Nähe mit ihrer Familie wünschen, und nicht wissern, wie ihnen das gelingen kann.
Alte Rollen scheinen in manchen Familienkonstellationen geradezu zementiert. Missverständnisse und Streit finden damit ihren perfekten Raum, der sich generationsübergreifend und unreflektiert ausbreiten kann.
Verletzlichkeit glimmt unter der Oberfläche, Sprachlosigkeit oder ständige Anspannung sind mit Händen zu greifen.
Besonders wenn sich Dinge der Kontrolle entziehen, geraten Menschen an den Rand der eigenen Belastbarkeit. Es gibt unzählige Herausforderungen in der familiären Welt.Wann immer es ruckelt, lohnt es sich, diese Welt zu betrachten.
Es gibt Dinge, die lassen sich in einem Coaching einfacher besprechen und durchdenken als mit einem guten Freund, einer guten Freundin. Im besten Fall gelingt ein sicherer Zugang zu Gefühlen. Es geht um mehr als um Mitgefühl und Anerkennung einer sorgenvollen Situation.
Es geht darum, die Kraft, die in der Verbundenheit mit unseren Kindern, Eltern oder Geschwistern liegt, genau zu betrachten und die daraus resultierende Energie für Veränderungen zu nutzen.
Denn große Sorge, Verunsicherung, Kränkung oder Verärgerung finden ihren Ursprung fast immer in der Verbundenheit mit den jeweiligen Menschen.
Wären wir weniger verwickelt mit den Menschen, die uns den letzten Nerv rauben, die wir schmerzhaft vermissen, dessen Wohlergehen uns sehr am Herzen liegt oder von denen wir uns mehr Anerkennung wünschen, würden sie uns nicht soviel abverlangen. Wir könnten unsere Beziehungen erforschen, um genug Platz für uns zu schaffen, um uns zu entwickeln.
Coaching drängt sich deshalb mit seinem systemischen Ansatz geradezu auf.
Das Familienleben prägt uns von Beginn an. Es beeinflusst unsere Regeln, unsere gesellschaftliche Orientierung, unsere Art zu denken, zu fühlen und zu handeln, schlicht,- wie wir ticken.
Wenn wir verstehen, wo wir herkommen, verstehen wir den Weg, auf dem wir gerade sind und können eine Vorstellung entwickeln, wie der Weg in die Zukunft aussehen kann.
Der einsetzende innere Prozess kann entlasten, ermutigen und dazu führen, eine ungünstige Situation auf eine eigene und individuelle Art zu akzeptieren oder zu lösen.
In diesem Sinne wünsche ich dir gute Zeiten im Kreise der Familie.
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